Anrechenbarkeit einer tarifvertraglichen Anwesenheitsprämie auf den gesetzlichen Mindestlohn

Eine tarifvertragliche Anwesenheitsprämie ist auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen, mithin ist eine dahingehende Auslegung eines Tarifvertrages zulässig.


Für die Auslegung eines Tarifvertrages ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat.

Der Mindestlohnanspruch ist ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt. Der Mindestlohn schützt Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen und trägt zugleich zur finanziellen Stabilität der sozialen Sicherungssysteme bei.

Den Mindestlohnanspruch erfüllen grundsätzlich alle Entgeltzahlungen des Arbeitgebers, die sich als Gegenleistung für die erbrachte Arbeit darstellen, es sei denn, dass der Arbeitgeber sie ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung erbringt oder dass sie auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen, wie z. B. Nachtzuschläge etc.
 
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil LAG Mecklenburg-Vorpommern 5 Sa 298 15 vom 22.11.2016
[bns]