09.02.2011

Frauenquote oder Männerdiskriminierung?

Die aktuelle Diskussion über Frauenquoten bei der Besetzung von Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung führt mitunter dazu, dass auch Männer geltend machen wegen
ihres Geschlechts diskriminiert zu werden:

Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits am 18.03.2010 über einen ungewöhnlichen Fall der Geschlechterdiskriminierung zu befinden. Eine niedersächsische Gemeinde hatte in ihrer Stellenanzeige eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte gesucht. Schwerpunkte von deren Tätigkeit sollten unter anderem in der Integrationsarbeit mit zugewanderten Frauen und deren Beratung liegen. Außerdem sollte die Gleichstellungsbeauftragte Maßnahmen zu frauen- und mädchenspezifischen Themen initiieren, mit allen relevanten Organisationen zusammenarbeiten und Opfer von Frauendiskriminierung unterstützen.

Beworben hatte sich allerdings ein Mann, der die weiteren Anforderungskriterien für die Stelle erfüllte, zumal er bereits zwei Jahre neben seiner Tätigkeit als Diplomkaufmann und Diplomvolkswirt auch stellvertretender Gleichstellungsbeauftragter im Betriebsrat eines größeren Unternehmens war. Die Gemeinde hatte seine Bewerbung abgelehnt, was bei dem Bewerber zu einem plötzlich und heftig eintretenden Bedürfnis nach einer Entschädigung nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz führte, weil er sich als Mann diskriminiert fühlte.

Der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Klage sodann rechtskräftig zurückgewiesen. Das weibliche Geschlecht der Stelleninhaberin stellte wegen der konkreten Ausgestaltung der Stelle eine wesentliche und entscheidende Anforderung i. S. d. allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes dar, so dass die Ungleichbehandlung des Bewerbers als Mann ausnahmsweise berechtigt war. Das Bundesarbeitsgericht nahm der beklagten Gemeinde die Argumentation ab, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit in Projekt- und Beratungsangeboten für Frauen gefährdet wäre, wenn diese Stelle mit einem Mann besetzt worden wäre.

Nach einer aktuellen Pressemitteilung vom 08.02.2011 hatte das Landesarbeitsgericht Köln bereits am 01.10.2010 über die angebliche Diskriminierung eines Nachhilfelehrers zu entscheiden. Der Mann hatte sich auf eine Internetanzeige beworben in der eine weibliche Hausaufgabenbetreuung gesucht wurde mit 8 Stunden pro Woche für 12-jährige Gymnasiastin und eine 9-jährige Grundschülerin. Als Anforderungen waren angegeben ein nettes Wesen und Lateinkenntnisse. Von der Ablehnung seiner Bewerbung tief gekränkt hatte der enttäuschte Mann eine Entschädigung von 1.920,00 Euro eingeklagt für die angebliche Ungleichbehandlung wegen seines Geschlechts. Das Arbeitsgericht Köln hatte sich in erster Instanz noch mit Sachfragen befasst und die Abweisung der Klage damit begründet, die Entscheidung eine Hausaufgabenbetreuung von Mädchen nur einer Frau zu übertragen sei wegen des grundgesetzlich geschützten Erziehungsrechts der Eltern zu respektieren. Dagegen hatte der Kläger in seiner Berufung eingewandt, mit der gleichen Argumentation müsse es dann auch Eltern erlaubt sein, Lehrer eines bestimmten Geschlechts in öffentlichen Schulen abzulehnen. Das Landesarbeitsgericht Köln hat die Zurückweisung der Berufung jenseits theoretischer Grundsatzdiskussionen kurz und überzeugend damit begründet, dass eine Benachteiligung wegen des Geschlechts schon deshalb nicht erfolgt sein könne, weil die Stelle schon besetzt war, als die Bewerbung des Nachhilfelehrers einging.

Die Entscheidungen zeigen, dass nicht nur Frauen, sondern auch Männer wegen ihres Ge-schlechts benachteiligt werden können, aber nicht jede Ungleichbehandlung einer Frau oder eines Mannes gleich zu einem Rechtsbruch oder gar einer Entschädigung führen muss. Schon nach Bauchgefühl hätte den angeblich so enttäuschten Klägern klar werden können, was der Volksmund schon lange weiß:

„Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht das Selbe.“

 

Martin Löbbecke,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gladbeck